Stadtverordnetenversammlung Michelstadt, 14.12.2021
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrter Herr Bürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen,
am 13. und 14. November 2021 habe ich in Michelstadt an zwei offiziellen, feststehenden Hinweisschildern der Stadt, nämlich in der Braunstraße und darüber hinaus an der Geschäftsstelle von Bündnis 90/Die Grünen neben unserem historischen Rathaus und an einem Stromkasten in der Nähe des Zebrastreifens am Wiesenweg rechtsradikale Plakate entdeckt. Es ist nach 2020 bereits das zweite Mal, dass in unserer Stadt an den gleichen Stellen rechtswidrig Plakate aufgehängt werden, deren Inhalt das Ziel hat, Menschen mit Migrationshintergrund und Schutzsuchende zu diffamieren und unter Generalverdacht zu stellen. Die Täterinnen und Täter wollen uns als Stadtgesellschaft spalten und Zwietracht unter uns sähen. Besonders perfide ist, dass die Inhalte just an den Tagen auftauchten, an denen wir im Rahmen des Volkstrauertages auch hier in Michelstadt den Opfern von Verfolgung, Unterdrückung und Krieg gedachten.
Deshalb möchte ich hier laut und deutlich sagen: Solche Formen des rechtsradikalen Vandalismus und der Missinformation haben in unserer Stadt keinen Platz. Sie widersprechen allem, wofür die Stadt Michelstadt steht, nämlich Offenheit, Toleranz, das gemeinsame Miteinander und die gelebte Demokratie. Ja, es gehört zur Demokratie dazu, dass es unterschiedliche Ansichten und Positionen gibt und leider erleben wir auch immer wieder das Verbreiten von Falschinformationen. Gerade Falschinformationen aber aus der Anonymität heraus und durch Vandalismus verbreiten zu wollen – wie es nun in zwei aufeinander folgenden Jahren in unserer Stadt geschehen ist – nenne ich feige und beschämend.
So sollen die Täterinnen und Täter doch Ihre Meinungen bei den vielen Gelegenheiten, die wir in unserer Stadt haben, zur Sprache bringen und sich unserer Reaktion, der Reaktion der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, stellen. Gerade die vor Kurzem stattgefundenen Bürgerversammlungen hätten dazu eine Gelegenheit sein können. Wer jedoch nicht bereit ist, mit seinem oder ihrem Namen für seine oder ihre Ansichten gerade zu stehen und dies in aller Öffentlichkeit zu tun, der oder die handelt undemokratisch und hat in unserer Stadt nichts zu suchen.
Wir rufen die Stadt Michelstadt und alle Bürgerinnen und Bürger auf, wachsam zu sein und rechtsradikalen Tendenzen schon in ihren Anfängen entgegenzutreten. Unsere Stadt ist klein genug, dass die allermeisten Dinge nicht unbemerkt geschehen können. Wer die Täterinnen oder Täter beobachtet haben sollte, möge sich unverzüglich mit Hinweisen an die Polizei wenden.
Werte Kolleginnen und Kollegen, diese Attacke von Rechtsradikalen trifft uns alle, als gesamte Stadt Michelstadt. Neben meiner Partei, Bündnis 90/Die Grünen, hätte die Attacke auch jede andere in diesem Hause vertretene demokratische Partei treffen können. Die traurigen Erfahrungen der vergangenen Jahre haben das ja gerade in Hessen gezeigt. Denn aus Worten und Parolen werden Taten. Ich erinnere an die feige Ermordung des Regierungspräsidenten Walter Lübcke von der CDU im Juni 2019 auf seinem Privatgrundstück und an das Attentat in Hanau im Februar 2020, bei dem viele unschuldige Mitmenschen ihr Leben lassen mussten. Lassen Sie uns auch in dieser Erinnerung gemeinsam ein starkes Signal senden, dass wir menschenfeindliche Tendenzen in unserer Stadt nicht tolerieren und zusammenstehen werden, um gemeinsam unsere Demokratie gegen rechtsradikale Demagogen und ihren Hass zu verteidigen.
Vielen Dank.
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